Auf einen Blick
- Millionen Tonnen Altlasten, unter anderem aus dem militärischen Bereich, d.h. nicht-explodierte Munitionsreste (UxO, engl. unexploded ordnance), im Meer bedrohen nicht nur die Umwelt, sondern beeinträchtigen auch den Ausbau der Offshore-Windenergie und andere Infrastrukturprojekte.
- Die Bergung dieser Altlasten ist seit einigen Jahren im Fokus der Forschung. Eine geschlossene Prozesskette zur Detektion, Klassifizierung und Entsorgung gibt es indes noch nicht.
- Das Projekt IRAV will bestehende Systemlücken identifizieren und mit neuen Lösungen schließen, die sowohl technisch als auch wirtschaftlich umsetzbar sind.
- Das Fraunhofer IWES entwickelt in einem Teilprojekt zwei Verfahren zur Detektion und Charakterisierung von (versandeten) Altlasten.
Herausforderung
In den deutschen Küstenmeeren liegt eine enorme Menge von Altlasten, Reste von Munition und nicht explodierten Kampfmitteln, die eine große Gefahr für die Umwelt darstellen. Die Gefahr, die von Sprengmittelresten und anderen toxischen Substanzen ausgehen, beeinträchtigen zudem den Bau von Offshore-Windparks sowie von Offshore-Kabeltrassen und Pipelines, Hafen- und Infrastrukturmaßnahmen, den Seeverkehr, die Fischereiwirtschaft und den Tourismus.
Die Detektion und die Bergung dieser Altlasten sind in den letzten Jahren Thema unterschiedlichster Forschungsarbeiten gewesen. Ein durchgängig sicheres und wirtschaftliches System zum Auffinden, Klassifizieren und Entsorgen dieser Altlasten gibt es indes noch nicht. So fehlen beispielsweise Methoden, um Kampfmittel aufzuspüren und zu identifizieren, die in den Seeboden eingesunken sind, oder wirtschaftlich umsetzbare und sichere Methoden für die Vernichtung von Kampfmitteln auf See.
Lösung
Das Projekt IRAV zielt darauf ab, diese Systemlücken zu identifizieren und zu schließen. Die Projektpartner entwickeln Lösungen für die Detektion, Klassifizierung, Bergung und Entsorgung von Altlasten in großen Seegebieten. Darauf aufbauend werden Demonstratoren konzipiert, mit denen die Anwendbarkeit und die Wirtschaftlichkeit bewertet werden können. Dadurch hat IRAV das Potenzial, eine geschlossene Prozesskette der Altlastenräumung zu ermöglichen. Ein wichtiger Fokus liegt auf der Steigerung der Effizienz, Nachhaltigkeit und Sicherheit der technischen Lösungen mit Hilfe von Automatisierung.
In einem Teilprojekt bringt das Fraunhofer IWES zwei Lösungen zur Detektion und Charakterisierung von (versandeten) Altlasten ein. Zum einen entwickeln die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ein mehrkanalseismisches Messsystem, um effizient in großen Seegebieten Altlasten zu lokalisieren. Mit Hilfe eines Demonstrators wird das System in Hafen- und Seetests validiert. Dieses Messsystem baut auf Vorarbeiten am Fraunhofer IWES auf und wird speziell auf die Zielstellung der Detektion von typischen Munitionsaltlasten bis zu einer Tiefe von fünf Metern unterhalb des Meeresbodens optimiert.
Zudem unterstützt das Fraunhofer IWES die Arbeiten des Projektpartners Atlas Elektronik zu einem AUV-basierten seismischen Mehrkanalsystem. Dieses System wird es ermöglichen, detektierte Altlasten gezielt zu vermessen und über die Nutzung der gesammelten seismischen Daten eine Charakterisierung der Objekteigenschaften durchzuführen. Diese Ansätze sollen helfen, die Mehrdeutigkeit von konventionellen, z. B. magnetischen, Messungen durch eine Integration verschiedener Messmethoden zu reduzieren und so den Gesamtaufwand der Altlasträumung zu minimieren.
Mehrwert
Das finale Ziel des Vorhabens ist die schnelle und zugleich wirtschaftliche Räumung nationaler und internationaler Gewässer von gefährlichen Altlasten. Auch wenn der Weg dorthin noch weit ist, werden die neuen Technologien und Lösungen dazu beitragen, die Weltmeere Stück für Stück sicherer und sauberer zu machen und Zugang zu marinen Ressourcen – sowohl bei neuen als auch bei bestehenden Anlagen und Systemen – zu gewährleisten.