Mechanische Modellierung von Windenergieanlagen und ihren Komponenten

© Jan Meier
Mechanische Modelle unterstützen dabei Risiken bei der Entwicklung und im Betrieb zu minimieren und die Effizienz der Windenergieanlagen zu steigern.

Die IWES-Simulationsmodelle – zuverlässig und effizient

Für die Lastrechnung von Windenergieanlagen und die Echtzeitsimulation in einer Hardware-in-the-Loop-Umgebung hat das Fraunhofer IWES ein Simulationsmodell (MoWiT) entwickelt. Dabei lassen sich WEA-Komponenten wie Strukturkomponenten, Aerodynamik, Anlagenregelung u. v. m. berücksichtigen. Für den Triebstrang etwa werden via Kopplung mit der Gesamtanlagensimulation beliebige Betriebszustände mit einem erhöhten Detailgrad simuliert. Die Lastverteilung im Großlager wird zuverlässig durch Finite-Elemente-Berechnungen ermittelt. Mittels maßgeschneiderter mechanischer Modelle hilft das IWES, die Effizienz und die Verlässlichkeit der Trag- und Gründungsstrukturen zu steigern.

Expertise und Analyse für die Gesamtanlagensimulation

Das Fraunhofer IWES forscht auf dem Gebiet der aero-servo-hydro-elastischen Simulation von Windenergieanlagen und verfügt über Expertise in der Modellierung und Lastanalyse von Windenergieanlagen unter Berücksichtigung der Anforderungen aus internationalen Standards (GL, IEC).

Dazu wurde ein Simulationsmodell (MoWiT) für die Lastrechnung von Windenergieanlagen und die Echtzeitsimulation in einer Hardware-in-the-Loop Umgebung entwickelt. Dieses Modell wird in der objektorientierten Open-Source-Modellierungssprache Modelica programmiert und in einer komponentenbasierten Bibliothek gespeichert. Die Bibliothek enthält Modelle für Strukturkomponenten, Aerodynamik, Anlagenregelung, Triebstrang, Umgebungsbedingungen und Offshore-Simulation. Sie ermöglicht die Durchführung von aero-hydro-servo-elastischen Simulationen von Windenergieanlagen, die von der Simulationsumgebung im Zeitbereich analysiert werden können. Die Modelle sind nach WEA-Komponenten unterteilt, wie in der folgenden Abbildung für eine Offshore-Windenergieanlage dargestellt.

Dieses neu entwickelte Tool wird zur Optimierung von Offshore-Windenergieanlagen aus einer Systemperspektive mit einem Python-basierten Optimierungs-Framework verwendet. Mit MoWiT wurde ein generisches Windenergieanlagenmodell mit 7,5 MW Leistung entwickelt, welches hier zu finden ist: Gesamtanlagenvermessung und Simulationen

IEA Task 30 OC4 Phase II schwimmende Halbtaucher Offshore-Windenergieanlage in MoWiT © Fraunhofer IWES

Simulation des dynamischen Triebstranges und seiner Komponenten

© Fraunhofer IWES
Simulationsrahmen für Hardware-in-the-Loop-Tests von Gondelsystemen von Windenergieanlagen

Über die Kopplung mit der Gesamtanlagensimulation können beliebige Betriebszustände für den Triebstrang mit einem erhöhten Detailgrad realitätsnah simuliert werden. Je nach erforderlichem Detaillierungsgrad kommt hierfür die Mehrkörpersimulation ergänzt durch die Methode der Finiten Elemente zum Einsatz. Durch langjährige Erfahrung im Bereich der Modellierung, Prüfung und Validierung von Triebsträngen und deren Komponenten verfügt das IWES über eine große und vielseitige Methodenkompetenz.

Einerseits lassen sich bestehende Bauteile unter Aspekten verbesserter oder neuartiger Fertigungsverfahren kosteneffizienter bzw. ressourcenschonender auslegen. Dafür stehen genauere Kenntnisse der konstruktiven Randbedingungen wie Lasten und Verformungen zur Verfügung. Andererseits ermöglichen höherwertige mechanische Modelle die zweckmäßige Auslegung realer und experimenteller Aufbauten, um zuvor definierte Testziele oder Fehlermechanismen zu untersuchen. Neuartige Prüfverfahren wie das zum Patent angemeldete Verfahren des „Hybrid Testing“ erfordern ein detailliertes mechanisches Modell, um valide Aussagen für den Volllastbereich zu erzielen. Dies gilt für die experimentelle Teillastuntersuchung realmaßstäblicher Bauteile oder Systeme ebenso wie die immer wichtiger werdende Prüfung skalierter Prüfobjekte. 

Berechnung der Lastverteilung im WEA-Großlager

© Fraunhofer IWES
Vergleich von gemessenen und simulierten tangentialen Dehnungen

Die Belastung von Großlagern in Windenergieanlagen wird maßgeblich von den angrenzenden Bauteilen beeinflusst. Die Lastverteilung im Lager kann zuverlässig nur durch Finite-Elemente-Berechnung ermittelt werden. Die Vielzahl an Wälzkontakten, die Vielfalt der möglichen Lastsituationen und die geometrische Komplexität der angrenzenden Bauteile machen es notwendig, einen Kompromiss zwischen Detailgrad der Modellierung und Rechenzeit der Modelle zu finden.

Am IWES wurden hierzu zahlreiche wissenschaftliche Aufsätze, praxisorientierte Bücher und die Revision der ‚Wind Turbine Design Guideline 03 on Yaw and Pitch Bearings‘ veröffentlicht. Ein Schwerpunkt liegt hierbei auf der Validierung der Modelle mittels Tests. Die Abbildung zeigt einen Vergleich von Simulations- und Testergebnissen am Prüfstand BEAT1.1. Im Graph werden die Ergebnisse der Messungen verschiedener Lager gleichen Typs und der Finite-Elemente (FE) Simulation gezeigt.

Weitere Schwerpunkte sind die Reduktion von nötigen Simulationen durch Lastfallauswahl und anschließende Interpolation, die Simulation von kompletten Rotoren zur Ermittlung der Wechselwirkungen zwischen einzelnen Rotorblattlagern und die Überführung in vereinfachte Testaufbauten. Die Modellierung erzeugt die Eingangsdaten für die Berechnung der statischen Auslastung und der Ermüdung von Struktur und Wälzkontakten von Großlagern. Außerdem lassen sich die erzeugten Daten für die Vorhersage von Reibmomenten mittels künstlicher Intelligenz nutzen. 

Trag- und Gründungsstrukturen

Mindestens 30 % der Investitionskosten für eine Windenergieanlage (und oft weit mehr) werden durch die Tragstruktur – bestehend aus Turm und Fundament, onshore wie offshore, verursacht. Das IWES hilft durch maßgeschneiderte mechanische Modelle, die Effizienz und die Verlässlichkeit dieser größten und massivsten Komponenten der Gesamtanlage zu steigern, Innovationen schneller in den Markt zu bringen, und Risiken bei der Entwicklung und im Betrieb zu minimieren.

Aktuelle Schwerpunkte sind die Boden-Bauwerk-Interaktion zwischen Fundament und Baugrund, geräuscharme und effiziente Gründungen und Installationstechniken, das Beulverhalten von Türmen und Suction Buckets sowie die Betriebsfestigkeit von dickwandigen geschweißten Bauteilen mit Wandstärken über 100 mm. Die experimentellen mechanischen Modelle werden ergänzt und komplementiert durch validierte numerische Simulationsmethoden, die die Übertragung und Skalierung der Erkenntnisse aus den großmaßstäblichen Tests auf Realanlagen ermöglichen.

Am Testzentrum für Tragstrukturen, einer gemeinsam genutzten Einrichtung der Universität Hannover und dem IWES, steht eine geotechnische Versuchsgrube mit 10 m Tiefe, 14 m Länge und 9 m Breite zur Verfügung, worin ein nordseetypischer Baugrund zur mechanischen Untersuchung verschiedenster Fundamenttypen eingebaut werden kann. Ein zusätzliches Spannfeld erlaubt die Prüfung großer Stahl- und Betonkomponenten mit Lasten bis zu 2 MN pro hydraulischem Prüfzylinder.

Suction Bucket Installation in der geotechnischen Versuchsgrube © Fraunhofer IWES

Aus der Forschung in die Anwendung

Unser Leistungsangebot im Bereich der Mechanischen Modellierung von Windenergieanlagen und ihren Komponenten

 

Prüfung und Systemvalidierung mechanischer Großkomponenten

 

Gesamtanlagenvermessung und Simulationen

 

Publikationen