Virtuelle Teststände: virtuelle Prüfungen für belastbare Prognosen
Virtuelle Rotorblattprüfung innovative Testkonzepte wie biaxiale Ermüdungsprüfung und Segmentprüfung
Schnell, kostengünstig, zuverlässig: die Prüfung von Offshore-Tragstrukturen am Digitalen Zwilling
Am IWES ist die virtuelle Prüfung Teil der physischen Prüfung. Sie dient vornehmlich der präzisen und effizienten Realisierung konventioneller Prüfungen sowie der Neuentwicklung innovativer Prüfmethoden. Mittels virtuellen Prüfstands und skalierten Großversuchen etwa gelingt es am IWES, auch extrem große Bauteile wie Tragstrukturen für Windenergieanlagen präzise zu analysieren. Digitale Zwillinge helfen dabei, Veränderungen an der Versuchsgeometrie, der Belastung oder auch den geotechnischen Gegebenheiten schnell und kostengünstig zu bewerten.
Neben der Verbesserung der konventionellen Tests ist die Entwicklung innovativer neuer Prüfkonzepte ein Kern der Forschungstätigkeit der Gruppe „Virtueller Prüfstand“. Bei der biaxial elliptischen Ermüdungsprüfung werden die Eigenfrequenzen eines Rotorblatts in Schlag- und Schwenkrichtung über spezielle Testelemente angeglichen. Auf dem Prüfstand führt das zu elliptischen Bewegungen des Rotorblatts. Durch die Zusammenführung zweier Tests lässt sich zum einen viel Zeit sparen, zum anderen lassen sich kombinierte Belastungen auf das Blatt aufbringen. Auf diese Weise wird die reale Belastungssituation weitaus zuverlässiger abgebildet als durch konventionelle Tests. Das verbessert die Qualität der Validierung und reduziert Ausfälle im Feld.
Eine weitere Testmethode ist die Prüfung von Blattsegmenten in unterschiedlichen Testsequenzen sowie die Akkumulation eingebrachter Ermüdungslasten bis zur Sollschädigung. Diese Methode vereint mehrere Vorteile: Einerseits weisen die Blattsegmente vergleichbar hohe Eigen- und damit Testfrequenzen auf, was die Testzeiten um bis zu 50 % verkürzt. Andererseits können die Schäden der einzelnen Sequenzen derart präzise kombiniert werden, dass über den zu testenden Bereich des Rotorblatts die Sollschädigung homogen eingebracht werden kann.
Die experimentelle Validierung von Rotorblättern ist ein wichtiger Aspekt bei der Entwicklung neuer Rotorblatttypen. Bei immer größer werdenden Rotorblättern sind Testkampagnen aufwändiger und dauern länger. Durch eine präzise Auslegung der Ermüdungsprüfungen können geeignete Testaufbauten festgelegt und die Prüfungen effizient und zuverlässig durchgeführt werden. Hierzu haben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ein Auslegungstool entwickelt. Dieses ermöglicht eine genauere Prognose des Rotorblattverhaltens innerhalb der Prüfumgebung. Auf diese Weise lassen sich die erforderlichen Eigenschaften von Testelementen bestimmen, um Zielparameter wie die Soll-Biegemomentenverteilung einzustellen und ein Überlasten des Blattes zu verhindern.
Tragstrukturen für Windenergieanlagen sind meist extrem große Bauteile, die sich im Normalfall nicht mehr im Maßstab 1:1 mechanisch prüfen lassen, um Informationen etwa über die Lebensdauer oder auch zulässige Maximallasten zu gewinnen. Um Designern und Betreibern dennoch aussagekräftige Daten und verlässliche Modelle bereitzustellen, verfolgt das IWES ein besonderes Forschungskonzept: (machbare) skalierte Großversuche, ausgereifte numerische und analytische Methoden sowie Messdaten aus realen Anlagen werden gemeinsam in einem Virtuellen Prüfstand verwertet. Durch die Kombination intensiv instrumentierter Großversuche mit Realdaten lässt sich der zentrale numerische Kern des Virtuellen Prüfstands mit hoher Zuverlässigkeit validieren. Auf diese Weise entsteht ein multifunktionelles Werkzeug zur Unterstützung von Entwicklungsprozessen im Bereich Gründungen und Tragstruktur.
Simulationsmodelle sind ein fester Bestandteil der Forschungs- und Entwicklungsarbeit am IWES. Digitale Zwillinge helfen dabei, Veränderungen an der Versuchsgeometrie, der Belastung oder auch den geotechnischen Gegebenheiten schnell und kostengünstig zu bewerten. Zudem liefert der Digitale Zwilling detaillierte virtuelle Einblicke in die geotechnische Versuchsgrube, die sonst nur punktuell durch den Einsatz vom Messaufnehmern (z. B. Erddrucksensoren) möglich sind.
Im Zusammenspiel Digitaler Zwillinge und großmaßstäblicher Versuche können sowohl bestehende als auch neue Gründungssysteme sowie Installationsmethoden untersucht und Simulationsmodelle validiert werden.
Digitale Zwillinge helfen insbesondere bei der Untersuchung von Großbauteilen des Stahlbaus dabei, Versuchsaufwände zu minimieren und die Qualität der Ergebnisse zu erhöhen: Mittels Digitaler Zwillinge lassen sich Veränderungen an der Versuchsgeometrie (z. B. unterschiedliche Wandstärken, lokale Verformungen durch Transportschäden) beurteilen und so Bauteile z. B. entsprechend ihres Einsatzes optimieren. Hierfür verwendet das IWES moderne, roboterunterstützte Bildverarbeitungsmethoden. Damit können zum einen reale, imperfekte (und keine idealisierten) Geometrien simuliert werden. Zum anderen stehen Information zu Ermüdungsschäden zur Verfügung, die mit bloßem Auge oder auch üblichen Prüfmethoden nicht feststellbar sind. Im Zusammenspiel Digitaler Zwillinge, großmaßstäbliche Versuche und Bildverarbeitungsmethoden können Simulationsmodelle für Ermüdungs- und Beulversagen validiert werden.