Auf einen Blick
- Jedes Jahr werden Millionen Tonnen Kunststoffabfälle verbrannt, weil die komplexe Zusammensetzung der Stoffe ein werkstoffliches Recycling unmöglich macht. Chemische Recyclingverfahren, die die Kunststoffe in ihre Bestandteile zersetzen, sind aufwändig und energieintensiv.
- Im Projekt POOL-IN-LOOP entwickeln die Projektpartner eine neue chemische Recyclingtechnologie weiter, um die Ausbeute von hochwertigen Chemikalien aus den Kunststoffabfällen zu steigern und gleichzeitig den Energieverbrauch zu senken.
- Das Fraunhofer IWES entwickelt ein Modell, das mögliche Lastflexibilitäten in der Prozesskette des Verfahrens identifiziert und an das Grünstromangebot koppelt.
Herausforderung
Ein zentraler Baustein zur Umsetzung des Green Deals der Europäischen Union ist der Aktionsplan für Kreislaufwirtschaft, der 2015 von der europäischen Kommission beschlossen wurde. Derzeit werden jedoch schwer recycelbare Kunststoffabfälle überwiegend thermisch verwertet. Allein in Deutschland gingen im Jahr 2019 von rund 5,35 Millionen Tonnen gesammelten Post-Consumer-Kunststoffabfällen 4,33 Millionen Tonnen dem Stoffkreislauf verloren. Der Grund dafür liegt in der komplexen Zusammensetzung des Kunststoffabfalls. Die Mischung von Fremdstoffen, Begleitstoffen, Additiven und Verbundkomponenten mit den eigentlichen Polymeren macht die Herstellung von Kunststoffen in Neuwarenqualität durch mechanisches Recycling unmöglich.
Zwar lassen verstärkte Maßnahmen wie „Design for Recycling“ oder verbesserte Sortier- und Recyclingverfahren eine Erhöhung der Verwertungsquote für das mechanische Recycling erwarten, trotzdem werden auch in Zukunft zahlreiche, schwer zu recycelnde Kunststoffabfälle anfallen. Eine Lösung bietet das chemische Recycling. Hier werden Kunststoffe in ihre Bestandteile zersetzt, gereinigt und wieder einer Repolymerisation zugeführt. Dieser Prozess ist jedoch aufwändig und energieintensiv.
Lösung
Hier setzt das Projekt POOL-IN-LOOP an. Die Projektpartner entwickeln eine neue Depolymerisationstechnologie weiter und überführen sie in einen industriellen Maßstab. Ziel ist, die Ausbeute von hochwertigen Chemikalien (HVC) aus den Kunststoffabfällen von rund 53 Prozent bei niedrigerem Aufwand auf mehr als 70 Prozent zu steigern.
Erreicht wird das durch einen vereinfachten Prozess, der mit weniger Zwischenschritten und mit weniger Energie- und Stoffverlusten auskommt. Polyolefinhaltige gemischte Kunststoffabfälle werden dabei mit Hilfe von Katalysatoren vor allem zu gasförmigen Olefinen gespalten, die als Monomer direkt wieder in der Polymerisation eingesetzt werden können. Die energieaufwändigen Schritte einer Pyrolyseölhydrierung und eines zweiten Spaltschritts können bei diesem Verfahren eingespart werden.
Gleichzeitig wird untersucht, wieweit die katalytische Spaltung lastflexibel gefahren werden kann. Hierzu nutzt das für dieses Teilthema verantwortliche Fraunhofer IWES Wetterdaten und die sich daraus ergebenden Stromangebotsprognosen, um die Produktionsplanung mit ihren mehr oder weniger energieaufwändigen Teilabschnitten unter Einbeziehung von Speicherkapazitäten darauf abzustimmen. Ziel ist es, anhand der neuen Technologie ein Modell zu entwickeln, das Windenergie standortspezifisch sinnvoll in chemische Prozesse einbindet.
Mehrwert
POOL-IN-LOOP ermöglicht die Schließung von Stoffkreisläufen, indem Reststofffraktionen, die bislang thermisch verwertet werden müssen, besonders effizient zu hochwertigen Ausgangsstoffen für die Chemie- und die Kunststoffindustrie recycelt werden. Durch die Einbindung von Windenergie und Lastflexibilität bereits im Entwicklungsstadium wird das Projekt auch zum Modellvorhaben für die Dekarbonisierung der chemischen Industrie.
Weitere Informationen: KuRT | pool-in-loop (bmbf-kurt.de)